Die Mittelbacher Ortseingangssteine – und ihre Geschichte

 

Es war im Jahre 1981 – Mittelbach feierte das 650. Jahr seiner Gründung. Trotz tiefster DDR-Zeit wurde dieses Jubiläum sehr umfangreich und ausgelassen gefeiert. So gab es u.a. einen großen Festumzug mit vielen Darstellern. Sie zeigten Bilder geschichtlicher Stationen unseres Ortes, angefangen von den ersten Siedlern im 14. Jahrhundert, über die Bauern und Köhler im Mittelalter bis hin zur Industrialisierung des 19. Und 20. Jahrhunderts. In Vorbereitung dieses Festes entstanden auch zwei Ortseingangstafeln, von denen eine noch heute existiert und in jüngster Vergangenheit die Gemüter erhitzte.

Beide Ortseingangstafeln waren aus einfachem Ziegelmauerwerk, großstrukturig geputzt, mit im Putz eingearbeiteten, aussagekräftige Symbolen, welche charakteristische Merkmale unseres Ortes in Form eines Wappens darstellten.

Im linken oberen Eck war ein Baum zu sehen – Symbol für den Wald, welcher in vergangenen Jahrhunderten sicher bis an den Ort heranreichte bzw. diesen einschloss. Links unten war eine Getreideähre dargestellt – als Zeuge reger Landwirtschaft. Rechts unten ein Handschuh – als Zeichen der in vielen Fabriken und Häusern beheimateten Textilindustrie. Oben rechts war schließlich das Schachthaus zu sehen – denn auch Bergbau wurde in Mittelbach über einige Jahre hinweg betrieben, in der Hoffnung, wie im nahegelegenen Kohlerevier Lugau-Oelsnitz, hier ebenfalls fündig zu werden.

Auf der Festschrift zum 650-jährigen Jubiläum war schließlich noch ein weiteres Symbol zu sehen, über dessen Bedeutung man häufig fachsimpelte. Anzunehmen ist, dass es einen Kohlemeiler, also den Handwerkszweig der Köhlerei darstellte. Die gesamte Darstellung ist auf der letzten Seite dieses Heftes zu sehen. Mancher Mittelbacher wird meinen, die dargestellten Symboliken stellen das Ortswappen dar, aber dem ist nicht so. Dem offiziellen bzw. ältesten Ortswappen ist der Heimatverein noch immer auf der Spur und wird es auch sicher noch irgendwann ergründen.

Die Ortseingangstafel am unteren Ortseingang steht aus Richtung Chemnitz kommend kurz nach dem Ortseingangsschild vor dem ersten Wohnhaus. Am oberen Ortseingang befand sich diese Tafel bis Anfang der 90-er Jahre aus Richtung Oberlungwitz kommend in Höhe des Bushäuschens. Diese verschwand jedoch im Zuge von Gewerbeansiedlung und Wohnungsbau. Außerdem haben die Witterungseinflüsse beiden Tafeln erheblich zugesetzt, so dass die obere, wie bereits erwähnt, nicht mehr existiert und auch die untere heute ein nicht mehr zu erhaltendes Bauwerk darstellt.

Nachdem im Jahre 1999 der Heimatverein Mittelbach e.V. gegründet worden war, welcher sich u.a. auch für die Verschönerung des Ortsbildes einsetzt, dauerte es nicht allzu lange, bis die Idee geboren wurde, die noch bestehende Ortseingangstafel zu restaurieren oder an beiden Ortseingängen etwas Neues zu schaffen. Nach Begutachtung der Bausubstanz wurde schnell ersichtlich, dass eine langfristig sinnvolle Restaurierung einem Neuaufbau gleichkam, der dann ebenfalls wieder eine gewisse Pflege erfordert hätte.

Aus diesem Grund ging der Heimatverein mit diesem Problem an die Öffentlichkeit und rief die Mittelbacher über den Ortschaftsanzeiger dazu auf, Ideen und Vorschläge für die Errichtung neuer Ortseingangstafeln einzureichen. Nach etwa einem halben Jahr lagen leider nur zwei Entwürfe vor, einer als bildhauerisch gestaltete Sandsteinstele und einer als naturbelassener Stein mit einer Aufschrift.

Nach vielen Diskussionen und finanziellen Angeboten wurde klar, dass der Vorschlag der Sandsteinstele nicht finanzierbar war, so dass sich der Heimatverein dem zweiten Vorschlag, einem natürlichen Stein, näher widmete. Verschiedene Steine sowie unterschiedliche Schriftzüge wurden in Erwägung gezogen und miteinander verglichen bis die endgültige Entscheidung über die Gestaltung fiel. Die Steine sollten aus Venusberg beschafft werden und die Schrift gut leserlich und nicht zu verschnörkelt sein. So machte sich eine Gruppe von Vereinsmitgliedern damit näher vertraut, beschaffte die beiden Steine, ließ die Buchstaben anfertigen und auf die Steine aufbringen.

Am 07. Mai 2002 war es dann soweit, der erste Ortseingangsstein wurde gegenüber der bereits im Jahre 2000 durch den Heimatverein neu errichteten "Lausbank" aufgestellt und rundherum begrünt.

Im gleichen Jahr, am 01. November 2002 folgte dann der zweite Ortseingangsstein an der Einfahrt zum Gewerbegebiet.

Der Heimatverein hatte nach dem Setzen des neuen Steines am unteren Ortseingang eigentlich vor gehabt, die alte Ortseingangstafel aus dem Jahre 1981 auf Grund des desolaten baulichen Zustands ebenfalls abzureißen. Dies war aber nicht sofort möglich, da die Wasserwirtschaft in früheren Jahren ein Absperrschieberschild daran befestigt hatte. Dieses ließ der Heimatverein ordnungsgemäß entfernen bzw. umsetzen, bevor endlich der Abriss erfolgen sollte.

Kaum war jedoch diese Sache erledigt, regte sich plötzlich bei einigen wenigen Mittelbachern Widerstand gegen das Entfernen der alten Tafel. Sie sammelten Unterschriften, gingen damit an die Presse und strichen sogar die alte Tafel neu an, obwohl in den letzten zwanzig Jahren keiner Interesse daran gezeigt hatte. So war der Heimatverein plötzlich in die Situation geraten, den geplanten Abriss rechtfertigen zu müssen.

Einige Vorstandsmitglieder des Heimatvereins trafen sich dazu mit dem Direktor der sächsischen Landesstelle für Museumswesen und diskutierte die Sache aus. Was blieb war die übereinstimmende Meinung, dass die alte Ortseingangstafel weder historischen noch künstlerischen Wert hat. Lediglich ihr Entstehen anlässlich der 650-Jahrfeier im Jahre 1981, also in einer Zeit, in der ganz andere gesellschaftliche Verhältnisse herrschten, rechtfertigt das Bestehenbleiben dieses Bauwerks – jedenfalls solange es dies noch von allein tut. Man einigte sich schließlich darauf, diese alte Ortseingangstafel vorerst stehen zu lassen.

Nun aber steht an jedem Ortseingang der Bundesstraße ein neuer Stein mit der Aufschrift "WILLKOMMEN IN MITTELBACH". Das war schließlich auch das erklärte Ziel des Heimatvereins. Der Besucher wird begrüßt, der Durchreisende auf unseren Ort aufmerksam gemacht und so soll es auch in Zukunft bleiben. Vielleicht werden auch an den übrigen Ortseingangsstraßen in den kommenden Jahren noch ähnliche Steine aufgestellt, darüber sollte man jedenfalls reden.